Ich bin weiss Gott schon weit herumgekommen auf dieser Erde. Ein Kontinent blieb von mir bisher jedoch unangetastet: Asien. Das hätte sich zwar längst ändern dßrfen, aber ich stolperte stets ßber die banalen W-Fragen. Wohin sollte ich denn konkret gehen? Wann wäre ein idealer Zeitpunkt fßr eine Asien-Reise? Wie wßrde ich denn ßberhaupt reisen wollen? Langer Rede, kurzer Sinn: so richtigrichtigrichtig wollte das Asien-Feuer in mir einfach nicht entfachen.
Während der Lektßre von Jan-Philipp Sendkers Burma-Serie jedoch wurde ich neugierig auf das geheimnisvolle und von Sendker geradezu brilliant beschriebene Land in Sßdostasien. Bald kristallisierte sich Burma als potenziell ideale erste asiatische Destination fßr mich heraus. Fortan recherchierte ich also gezielt nach einem geeigneten Reisemodell. Einmal mehr wurde ich schliesslich auf der Website des Veranstalters Bike Adventure Tours fßndig, dem ich bereits zwei unvergessliche Bike-Abenteuer (Kuba und Namibia) zu verdanken hatte. Und damit war die Sache dann relativ rasch klar und die Einschreibung reine Formsache.
Raider heisst jetzt Twix…
… und Burma heisst jetzt Myanmar.
… und Rangun heisst jetzt Yangon.
… und der Fluss Ayeryawady heisst jetzt Irrawaddy.
… und, und, und…
Es gibt tatsächlich einiges, was einem bzgl. Myanmar auf Anhieb irritiert. Angefangen beim Landesnamen. Wenn ich hierzulande jemandem erzähle, dass ich in Myanmar war, ernte ich meistens ein mit hochgezogenen Augenbrauen untermaltes, langgezogenes „Häää?“. Wenn ich dann „Burma“ hinterherliefere, kĂśnnen die meisten Leute mehr mit meiner Aussage anfangen. Weiter geht es mit der grĂśssten Stadt des Landes: Rangun heisst heute Yangon. Rangun… äh… Yangon war bis vor ein paar Jahren die Haupstadt Burmas… äh… Myanmars. Doch eines Tages befand einer, dass mal wieder etwas Veränderung angebracht sei und so wurde kurzerhand das Städtchen Naypyidaw mitten im damals noch weitgehend unerschlossenen Dschungel zur Hauptstadt ernannt.
Ein weiteres Resultat einer ähnlichen Nacht-Nebel-Entscheidung findet sich im burmesischen Strassenverkehr. Burma war eine britische Kolonie. Die Autos in Myanmar sind somit rechtsgesteuert – „very british“ eben und insofern nichts Spektakuläres. Allerdings fahren diese rechtsgesteuerten Autos nicht etwa wie man dies im Sinne von „very british“ erwarten wĂźrde, auf der linken, sondern auf der rechten Fahrbahn. In der Konsequenz haben Autobusse ihre Ausstiege auf der linken Seite und so verliessen wir unseren Bus also stets zur Strassenmitte hin – nichts fĂźr schwache Nerven, ey! đ
Shwedagon Pagode: hier ist alles Gold, was glänzt
Myanmar wird auch „das Goldene Land“ genannt. Spätestens wenn man barfuss durch die achteckige Terrasse der Shwedagon Pagode schlurft, zweifelt man keine Sekunde mehr an dieser Aussage. Denn hier ist tatsächlich alles Gold, was glänzt – wow!

Am besten lässt man die energiegeladene Atmosphäre rund um die Shwedagon Pagode unvoreingenommen und mit allen Sinnen auf sich wirken. Zur Abenddämmerung…
…dann, wenn das Licht am schĂśnsten einwirkt und die goldene Kulisse geradezu märchenhaft erstrahlen lässt.
…dann, wenn sich der Geruch von Räucherstäbchen mit dem munteren Quietschen der Fledermäuse und dem zarten Bimmeln der GlĂścklein paart.
…dann, wenn hunderte friedvoller Buddhisten sich versammeln, um im Schneidersitz am Boden sitzend ihre Mantras zu rezitieren.
Ja dann, genau dann!

Die acht Ecken der Terrasse repräsentieren ßbrigens die Wochentage. In Myanmar zählt der Mittwoch als doppelter Tag mit Vormittag und Nachmittag. Die Wochentage haben generell einen besonderen Stellenwert in Myanmar. So wird der Name eines Kindes nämlich nicht etwa durch die Eltern bestimmt, sondern er ergibt sich in astrologischer Konsequenz aus dem Zeitpunkt der Geburt.
Ich bin das shwedagonsche Achteck zweimal gelaufen und ich hätte es locker noch zwei weitere Male laufen kÜnnen. Der Abschied von der Shwedagon Pagode fiel mir etwas weniger schwer, als uns unser Tour-Guide versicherte, dass wir auf unserer Reise noch ausreichend viele Pagoden und Buddha-Figuren sehen wßrden.
Er sollte sowas von recht behalten! đŹ
- Ein MÜnch mit Smartphone. Die Zeiten ändern sich und sie ändern sich rasant.
Die Reise im Ăberblick

Nach zwei Nächten in Yangon startete unsere Aktiv-Reise schliesslich mit einem Triathlon: drei Fortbewegungsmittel đŠď¸Â đ´ââď¸ đĽď¸ an einem Tag, tschagga.
Per Inlandflug đŠď¸ gings frĂźh morgens von Yangon nach Heho auf knapp 1000 Metern. Direkt am Flugplatz in Heho warteten unsere Bikes auf uns. Hier wurden also als erstes die Ărmel hochgekrempelt, die mitgebrachten Sättel und Pedalen montiert, Bremsen und Federgabeln kontrolliert und dann ging es endlich los mit unserer Einrolltour đ´ââď¸Â und den ersten Bike-Kilometern in Myanmar. Erstes Etappenziel war der malerische Inle-See. Am Ufer des Sees wechselten wir unser Fortbewegungsmittel erneut und liessen uns bequem per Longtail-Boot đĽď¸Â zu unserer schicken Pfahlbau-Lodge mitten im See gondeln. Hach, hach….
Faszination Inle-See

Der Inle-See ist bekannt fßr seine Einbeinruderer. Um beide Hände fßrs Fischen frei zu haben, wickeln die gelenkigen Burmesen nämlich das Ruder einfach mal eben um ein Bein und bewegen sich so wieselflink auf dem See fort.

Einige Kolleginnen und Kollegen unserer Reisegruppe liessen es sich nicht nehmen und versuchten sich selbst als Einbeinruderer. Die meisten scheiterten bereits daran, sich mit beiden FĂźssen auf der Bootsspitze einigermassen ruhig und aufrecht zu halten. Einzelne schafften es, ein Bein dezent anzuheben. Das war’s! Keiner schaffte es, das Ruder um das Bein zu schlingen und lockerflockig draufloszupaddeln. Und so legten die Probanden den Fokus rasch auf einen mĂśglichst eleganten Abgang vom Boot, um der Gruppe wenigstens eine coole Stunt-Show zu bieten. đ¤¸ââď¸â°đ¤¸ââď¸Â â°đ
Lotus-Seide: ganz schĂśn edel,mann!
Den nächsten Tag verbrachten wir ausschliesslich auf dem Inle-See. Per Longtail-Boot wurden wir von einer Wow-Szenerie zur nächsten geschippert. So besuchten wir beispielsweise eine Lotus-Seiden-Weberei mitten auf dem See.



Originell: die schwimmenden Gärten
Mich persĂśnlich haben die schwimmenden Gärten auf dem Inle-See fasziniert. Auf einem Fundament aus Wasserhyazinthen werden hier Tomaten, Blumenkohl, Auberginen und Bohnen angebaut. Ein kulinarisches Muss ist Ăźbrigens der Tomatensalat nach Art der Shan. Mmmmhhhh…. đ


Flower-Power đş
Einer der schĂśnsten Bike-Tage erlebte ich persĂśnlich als wir durch die Ăźppige burmesische Flora radelten und der Duft von Blumen und GemĂźse unseren zarten Nasen schmeichelte.






Frauen-Power đŞ
Ăberrascht hat mich definitiv die Rolle der Frau in Myanmar. Viele handwerkliche und insbesondere kĂśrperlich anspruchsvolle Arbeiten werden nämlich hauptsächlich von Frauen ausgeĂźbt.





Back to School
Auf unserer Trekking-Tour ab Pindaya besuchten wir eine Grundschule in einem burmesischen Bergdorf. Schalk scheint hier Pflichtfach zu sein đ


đ´ââď¸Â On đ´ââď¸Â The đ´ââď¸Â Road đ´ââď¸Â To đ´ââď¸Â Mandalay đ´ââď¸
Ein anspruchsvoller Bike-Tag erwartete uns auf dem Weg nach Mandalay. Auf knapp 100 Kilometern galt es 1300 HĂśhenmeter zu bewältigen. NatĂźrlich bestand die MĂśglichkeit, zumindest Teilstrecken im Begleitbus zurĂźckzulegen. Aber man reist ja schliesslich nicht um die halbe Welt, um dann freiwillig in der zweiten Reihe Platz zu nehmen… đ

Marmor, Stein und Eisen bricht,
aber diese Buddhas nicht
Die geheimnisvolle und oft besungene Stadt Mandalay erkundeten wir tags darauf auf einer Sightseeing-Tour per Bike. Unter anderem besuchten wir eine Marmorsteinmetzerei.


Grosser Wäschetag am Flussufer
Einen weiteren Stopp legten wir am Ufer des Irrawaddy ein. Es ist wahnsinnig beeindruckend, mit wie wenig Besitztum sich die Burmesen hier arrangieren und ihr Leben auf primitivste Art und Weise meistern – stets mit einem Lächeln im Gesicht. Und hey! dieses Lächeln steckt an â wer in Myanmar schlechte Laune hat, ist selber schuld!
Man hat tatsächlich niemals den Eindruck, dass die Menschen hier unzufrieden wären oder sich gar selbst bemitleiden wĂźrden. Grund dafĂźr hätten sie â gemessen an unseren europäischen Massstäben â sicherlich genug, aber sie tun es nicht. Von dieser Lebenseinstellung kĂśnnte dĂźrfte sich manch ein Westlicher gerne eine fette Scheibe abschneiden…

- Bewunderswert wie weisse Wäsche unter diesen Umständen weiss bleibt… đ¤
Mandalay Hill â Ja, ich will! â¤
Man ist nicht in Mandalay gewesen, wenn man nicht auf dem Mandalay Hill war. Ich weiss nicht wieviele Treppenstufen es genau sind, aber es sind einige. Hunderte. Vielleicht sogar tausende. Aus Ehrfurcht vor Buddha deponiert man seine Schuhe vor der ersten Stufe, die zu ihm, zu Buddha, hinauffĂźhrt und legt den kompletten Treppenmarsch somit barfuss zurĂźck. Ăberall sonst auf der Welt hätte ich mir fĂźr einen solchen Kletter-Marsch vernĂźnftiges Schuhwerk angeschnallt…

- Als grossgewachsene Europäerin fällt man in Myanmar aus der Reihe und ist der Hingucker schlechthin. Gleich mehrmals durfte ich während der Reise fßr ein Selfie posieren.
- On the Very Top of Mandalay Hill trohnt er in seiner gewohnten Pose: der Buddha.
FĂźr die einen ist es U-Bein…
… fĂźr die anderen die längste Teakholz-BrĂźcke der Welt. FĂźr alle aber ist sie absolut bewundernswert, die Ăźber einen Kilometer lange U-Bein-BrĂźcke bei Mandalay.

Ein Tag auf dem Irrawaddy River
Einen chilligen Tag verbrachten wir, als wir auf dem Irrawaddy River von Mandalay zur Pagoden-Hauptstadt Bagan tuckerten. Kurz nach Ablegen mussten wir allerdings nochmals fĂźr ein StĂźndchen an einer Sandbank ankern. Der Nebel war so dicht, dass man keine zehn Meter weit sehen konnte. Unser Tour-Guide war sichtlich perplex ob dieser ungewĂśhnlichen Wetter-Situation. Meine Theorie ist ja, dass die Ăźberaus gastfreundlichen Burmesen ihn, also den Nebel, extra fĂźr uns Aargauer organisiert hatten. Schliesslich sollten wir uns ja ein bisschen wie zu Hause fĂźhlen…Â đ
Als sich der Nebel dann endgĂźltig auflĂśste, genossen wir eine komplett neue Perspektive auf eine wunderschĂśne Landschaft.

Bagan: Hauptstadt der Pagoden und Tempel
Zum krĂśnenden Abschluss fĂźhrte uns unsere Reise nach Zentral-Myanmar und dort in die Pagoden-Hauptstadt Bagan. Myint Than, unser Tour-Guide, wusste eben schon, wovon er sprach. Damals. Am allerersten Abend. Beim Tuesday-Corner an der Shwedagon-Pagode. Ja, wir sahen noch viiiiieeeeele weitere Pagoden während unserer zweiwĂśchigen Reise. Bei einigen Gruppen-Mitgliedern trat der Zustand „overpagoded“ bereits zu einem frĂźheren Zeitpunkt ein. In Bagan waren aber wohl so ziemlich alle infiziert. đ

Flippst du schon oder floppst du noch?
Wer Flip-Flops mag, wird sich in Myanmar rundum wohl fßhlen. Die kultigen Sandalen sind ja sowas von superpraktisch in einem buddhistischen Land, in dem man (gefßhlt) alle paar Meter vor einer Schuhverbotstafel steht. Alle tragen sie:
- die Einbeinruderer auf dem Inle-See,
- die MĂśnche beim Einsammeln ihrer Opfergaben,
- die Mädels im Strassenbau,
- die Busfaher beim ManĂśvrieren ihrer rechtsgesteuerten Vehikel auf der linken Fahrbahn,
- die Receptionistin im 4-Sterne-Hotel
- einfach ALLE!
Unser burmesische Tour-Guide Myint Than absolvierte sogar die 6-stĂźndige Trekking-Tour auf teilweise felsigem, glitschigen Terrain in Flip-Flops. Leckt’s MYANMARsch! đ
Ich kann Myanmar als einzigartige, entschleunigende Reisedestination jedem wärmstens ans Herz legen. Drßben auf meiner Facebook-Seite findest du weitere Impressionen dieser unvergesslichen Reise. Viel Spass beim StÜbern.
Buch-Empfehlungen
Gebrauchsanweiung fßr Myanmar von Martin Schacht. Tolle Inputs zur Vorbereitung und Einstimmung auf das Land und ein nßtzliches Nachschlagewerk während der Reise.
Burma-Serie (HerzenhĂśren und Herzenstimmen) von Jan-Philipp Sendker. Mir wurde erst im Verlaufe der Reise bewusst, wie unglaublich authentisch die beiden BĂźcher geschrieben sind. Wow, einfach nur wow!!!